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Happy End: Mavel ist jetzt Schwabe

Mit der Gartenschere gestutzt, auf Menschen und Tiere gehetzt, verängstigt:

Mavel07 18 1Von Birger Schütz
Mit der Gartenschere gestutzt, auf Menschen und Tiere gehetzt, verängstigt: Rottweiler-Mischling Mavel hat in seinem kurzen Hundeleben schon vieles erdulden müssen. Doch jetzt scheint der Hund aus dem Demminer Tierheim mal Glück zu haben.

RANDOW/BÄRENTHAL. Schatzibollerli, Knuddelbohne, Riesenbaby oder einfach nur Tophund: Die originellen Kosenamen, die Antonio Napoli für seinen neuen Rottweiler- Cane-Corso-Mischling findet, zeugen von echter Begeisterung und inniger Zuneigung. Schon fast eine Woche lang bombardiert der hingerissene Tierfreund aus Baden-Württemberg Kerstin Lenz mit unzähligen WhatsApp-Sprachnachrichten, in denen er über die neuesten Fortschritte und Lernerfolge seines vierbeinigen Schützlings erzählt. „Tierschützer sind manchmal ein bisschen verrückt – aber positiv!“, lacht die Chefin des Demminer Tierschutzvereins. „Für Mavel ist es das Beste, was ihm passieren konnte. Das ist seine Chance!“

Seit dem vergangenen Sonnabend lebt der Hund aus dem Demminer Tierheim, der als Welpe schwer misshandelt wurde, bei seinem neuen Besitzer. Zuvor hatte sich der italienischstämmige Hundefan aus dem kleiner Ort Bärenthal in Baden-Württemberg an die Tierschützer gewandt. „Er hat uns über Facebook angeschrieben, ganz einfach“, erzählt Kerstin Lenz. „Da hatten wir mehrere Anfragen zu Mavel.“ Doch bei dem Hundefan aus dem Südwesten habe sie gleich ein gutes Bauchgefühl gehabt. „Er hat uns Bilder von seinem großen Haus und den weitläufigen Wiesen mit viel Wald drumherum geschickt“, erzählt die Tierschützerin aus dem Demminer Ortsteil Randow. „Traumhaft!“ Das habe sie überzeugt. Denn Mavel brauche wegen seiner Aggression gegen Leinen viel Auslauf und Platz. „Er sollte dahin, wo er viel raus kann.“ Zudem halte Antonio Napoli bereits vier weitere Hunde auf seinem weitläufigen Anwesen und habe viel Erfahrung im Umgang mit den Tieren. „Man hat gleich gemerkt, dass er weiß, wovon er spricht.“

Die Frage über Mavels Umzug war entschieden. Kerstin Lenz legte die Sitzbank ihres Transporters um, schob eine Matratze in den Wagen – und düste mit Mavel und einer Freundin einmal quer durch die Republik ans andere Ende Deutschlands. Mavel nahm die fast 1000 Kilometer lange Mammutfahrt mit erstaunlicher Gelassenheit hin. „Der war tiefenentspannt und hat die ganze Zeit geschlafen“, erzählt Kerstin Lenz. „Das war überhaupt kein Problem!“ Nach rund 17 Stunden und einer Übernachtung auf einem Parkplatz erreichte das Trio die 500-Seelen-Gemeinde an der schwäbischen Alb. Nach der Ankunft lernte Mavel zunächst seine neuen Spielkameraden kennen. Antonio Napoli ließ seine vier Hunde nacheinander aus dem Haus, damit sich die Tiere vorsichtig beschnuppern und miteinander bekannt machen konnten. „Das war unproblematisch, ohne jeden Stress“, sagt Kerstin Lenz. „Solange wir dabei waren.“ Anschließend stand ein gemeinsamer Spaziergang mit der Meute auf dem Programm. Antonio Napoli testete erste Kommandos. „Mir hat gefallen, wie er mit Mavel gearbeitet hat“, erzählt die Tierheimleiterin. „Ein richtiger Tierflüsterer!“ Antonio Napoli war als 17-Jähriger zu Hause ausgezogen, weil er unbedingt einen eigenen Hund haben wollte. Vor allem schwierige Rassen interessieren den Tierfreund seitdem. „Hunde, die nicht ganz einfach sind, bereiten ihm Spaß.“ Eine gute Voraussetzung. Denn Mavel, dem als Welpe die Ohren und der Schwanz mit einer Gartenschere gestutzt wurden, fällt es schwer, Vertrauen zu fassen. Insbesondere gegenüber Männern ist der Rüde extrem misstrauisch.Mavel07 18 2

Dies zeigte sich auch, als Mavel und sein neuer Besitzer anschließend das erste Mal zusammen in einem Zimmer übernachteten. Der Hund knurrte aggressiv, sobald Antonio Napoli sich auf seinem Sofa auch nur bewegte. Als der neue Besitzer daraufhin ein Kommando geben wollte, sprang der 60 Kilo schwere Rüde an ihm hoch. Antonio Napoli traute sich daraufhin nicht mehr auf die Toilette oder aus dem Zimmer. „Ich dachte schon, der gibt mir den wieder mit“, erinnert sich Kerstin Lenz an den nächsten Morgen. Doch der Hundefan ließ sich von der Horror-Nacht nicht abschrecken. „Wahrscheinlich haben wir Mavel überfordert“, erklärt Kerstin Lenz. „Das ging zu schnell. Er braucht mehr Zeit.“ Eigentlich sei der Rüde, der von seinen früheren Teterower Besitzern auf Menschen und Tiere gehetzt wurde, nämlich kein aggressives Tier. „Er ist grundgut vom Charakter“, erklärt die Tierschützerin. „Er braucht nur einen Menschen, der diesen positiven Kern herausholt!“ Dass Mavel diesen Mensch nun gefunden haben könnte, zeigen die vielen Nachrichten, in denen sich Antonio Napoli über Knuddeleinheiten und andere Vertrauensschritte freut. Mit der Gartenschere gestutzt, auf Menschen und Tiere gehetzt, verängstigt: Rottweiler-Mischling Mavel hat in seinem kurzen Hundeleben schon vieles erdulden müssen. Doch jetzt scheint der Hund aus dem Demminer Tierheim mal Glück zu haben.
(Quelle: NK, 13.07.2018)
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