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Katzen kommen zum Schluss

fürs Tierheim beendet – das ist das Ergebnis

VerordnungKatzenschützer:innen in Vorpommern-Greifswald brauchen weiterhin Geduld. Nachdem der Kreistag 2020 den Landrat per Beschluss aufgefordert hatte, bis September 2021 eine Katzenschutzverordnung zu entwerfen, hat sich in der Sache nichts gerührt. Ein „Trauerspiel“, finden die Grünen im Kreistag, „eine elende Sauerei“ der Landesverband des Tierschutzbundes.

Übermäßiges Katzenleid verhindern. Das soll eine Katzenschutzverordnung. So lautete demnach auch das Ziel der Grünen und der Tierschutzpartei, als sie 2020 im Kreistag Vorpommern-Greifswald den Antrag auf eine solche Verordnung einbrachten. Die Kreisverwaltung bekam ein Jahr Zeit, um „eine Verordnung zum Schutz freilebender Katzen [...] zu entwerfen und ihre finanziellen Auswirkungen zu prüfen“. Darüber hinaus sollte zudem eine Möglichkeit gefunden werden, die Populationsgröße im Blick zu behalten. Doch der als Frist gesetzte September 2021 verstrich ohne den geforderten Entwurf.

Vorpommern-Greifswald hat ein Katzenproblem
In dem nordöstlichen Landkreis gibt es zahlreiche freilebende Katzen. Das sind die Tiere, „für die sich niemand verantwortlich fühlt“. Der Tierschutzbund Greifswald ist seit über 25 Jahren aktiv. Im Zuge jahrelanger Fang- und Kastrationsaktionen konnten bereits Hunderte Katzen gekennzeichnet und kastriert werden. Trotzdem schätzt der Verein die Zahl freilebender und unkastrierter Katzen allein in der Hansestadt Greifswald und Umgebung auf über 2.000. „Viele freilebende Katzen sind hochgradig abgemagert und krank“, beschreibt Kerstin Lenz vom Landesverband des Tierschutzbundes das Problem. „Kampfverletzungen, Katzenschnupfen und auch Katzenaids lassen die Tiere in vielen Fällen langsam dahinsiechen.“

Verordnung2Am problematischsten sei jedoch die unkontrollierte Vermehrung, die durch unkastrierte, zahme Freigängertiere zusätzlich befördert werde. Der Tierschutzbund Greifswald führte dazu eine Modellrechnung bezüglich der Nachkommenschaft einer einzigen Katze in sieben Jahren durch. Demnach sorgt eine Katze, die pro Jahr durchschnittlich zweieinhalbmal Junge bekommt, von denen jeweils dreieinhalb überleben, inklusive ihrer Nachkommen für rund 237.000 Katzenkinder. Im Vergleich zur Tierschutzorganisation Peta, die von rund 370.000 Katzen ausgeht, sei das noch konservativ gerechnet. Jedoch kann in der Realität von einem etwas geringeren Wachstum ausgegangen werden, bedingt durch eine geringere Fruchtbarkeit und kürzere Lebensdauer. Trotzdem werden die Katzenpopulationen größer und führen zu immer mehr Tierleid. Dem könne eine Katzenschutzverordnung entgegenwirken, so Lenz.

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Allerdings sind für den Erlass bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. Wie der Landkreis Rostock auf Nachfrage mitteilte, müssen sich erstens in „einem bestimmten, abgrenzbaren Gebiet [...] freilebende Katzen in hoher Zahl“ aufhalten. Zweitens müssen bei „einem Teil dieser Katzen [...] erhebliche Schmerzen, Leiden und Schäden“ festgestellt werden. Diese sollen sich drittens „auf die hohe Anzahl der Tiere in dem Gebiet“ zurückführen lassen. Und viertens „muss die Annahme begründet sein, dass sich Schmerzen, Leiden und Schäden durch die Verminderung der Anzahl freilebender Katzen innerhalb des jeweiligen Gebietes verringern“ lassen.

Sind die Voraussetzungen nachgewiesen und die Verordnung eingeführt, erleichtert eine solche nicht nur die Kastration freilebender Katzen. Sie verpflichtet auch Halter:innen von sogenannten Freigängern, „diese ab dem sechsten Lebensmonat chippen, registrieren und auch kastrieren“ zu lassen, erklärt Lenz. So wird einerseits die unkontrollierte Vermehrung eingedämmt. Andererseits können durch das Chippen und Registrieren mögliche Fundkatzen in den Tierheimen leichter zu ihren Besitzer:innen zurückgeführt werden.
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Im Amt Schwaan funktioniert es
Dass eine solche Verordnung funktioniert, zeigt sich beispielsweise im Amt Schwaan im Landkreis Rostock. Dort erließ der Landkreis Mitte 2018 eine Katzenschutzverordnung. Über fünf Jahre hatte sich der ansässige Tierschutzverein Schwaan darum bemüht. Das sei eben kein Selbstläufer, erzählt der Vorsitzende Manfred Poniatowski.
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Die positiven Auswirkungen der Verordnung machten sich bereits bemerkbar. So etwa ließen viele Katzenhalter:innen ihre Freigänger nun bewusst kastrieren. Und: „Gegen diejenigen, die es nicht machen, hat man mit der Katzenschutzverordnung eine Handhabe“, weiß Poniatowski. Zudem verzeichne der Verein sowohl weniger Fundtiere als auch einen leichten Rückgang der Zahl freilebender neugeborener Kätzchen seit Einführung der Verordnung.
Katzenschutzverordnung „überfällig“
Wieso also liegt im Landkreis Vorpommern-Greifswald noch immer keine Verordnung vor? Mittlerweile sind seit dem Kreistagsbeschluss immerhin über anderthalb Jahre vergangen. Dass die Verordnung auf sich warten lässt, kommt beim Tierschutzbund nicht gut an. Kerstin Lenz vom Landesverband spricht diesbezüglich von einer „Sauerei“, und auch der Tierschutzbund Greifswald hält die Verordnung mittlerweile für „mehr als überfällig“. Dem kann Michelle Sauck vom Katzenschutzverein Wolgast nur zustimmen. „Wir sind ehrlich gesagt megagefrustet, dass wir immer noch keine Katzenschutzverordnung haben“, erzählt sie gegenüber KATAPULT MV.
Doch nicht nur Tierschützer:innen fragen sich, was eigentlich los ist in der Kreisverwaltung. Auch die grüne Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Ulrike Berger, kann sich den Grund der Verzögerung nicht erklären. Es sei „ignorant dem Problem gegenüber und ignorant dem Kreistag gegenüber“, findet sie. Auf eine Nachfrage nach Ablauf der Frist wurde sie auf November 2021 vertröstet. Aber auch da und seitdem kam nichts mehr, berichtet sie. Als Grund für die noch ausstehende Verordnung sei ihr von der Kreisverwaltung die Afrikanische Schweinepest genannt worden.
Auf Nachfrage von KATAPULT MV erklärte der Landkreis, er warte noch auf die Einschätzung und Zuarbeit der verschiedenen Gemeinden. „Manche möchten eine Katzenschutzverordnung, andere Gemeinden sind der Auffassung, dass sie kein Problem mit freilaufenden Katzen hätten“, so eine Sprecherin. Auf die Frage, welche Gemeinden einer Verordnung zu- oder abgeneigt sind, wollte der Kreis zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage treffen. Das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt bemühe sich jedoch, in den kommenden Monaten einen Verordnungsentwurf zu erarbeiten.
Für Michelle Sauck vom Katzenschutzverein Wolgast reicht das nicht. Noch in diesem Jahr soll eine Petition zur Kastrationspflicht für Katzen in Vorpommern-Greifswald beim Landrat eingereicht werden. Bis jetzt sind bereits fast 2.000 Unterschriften zusammengekommen.
Und auch für die Grünen und die Tierschutzpartei im Kreis steht schon fest, dass sie nun einfach selbst zur Tat schreiten müssen. Man arbeite an einer eigenen gemeinsamen Verordnung, die noch vor der Sommerpause in den Kreistag eingebracht werden solle, so Ulrike Berger. Bis dahin heißt es nun für alle warten. Darauf, dass das „Trauerspiel“ endlich ein Ende findet. Und hoffen, dass nicht allzu viele neue Katzen hinzukommen.

Quelle: Schweriner Volkszeitung