SpendenButton

Gedenkrunde spart nicht

mit Kritik an Behörden und Politik

AltTellin 2Rund hundert Leute folgten am späten Mittwochnachmittag dem Aufruf des Aktionskreises Alt Tellin und zahlreicher Verbände zu einer Gedenkstunde an der Zufahrt zur Schweinezucht Alt Tellin. Denn genau ein Jahr zuvor – am 30. März 2021 – war Europas einst größte Ferkelfabrik abgebrannt. Zwar längst kein Einzelfall in Deutschland, aber von der Anzahl der getöteten Tiere (nach unterschiedlichen Schätzungen 50.000 bis über 60 000) und Strahlkraft her weit über die Region hinaus bisher wohl einzigartig. Denn seither steht das Flammen-Inferno am Tollensetal wie ein Fanal für die Auswüchse der Massentierhaltung und dient Kritikern an vielen Stellen, um Politik und Behörden zu einer Abkehr von der industriellen Landwirtschaft zu bewegen.
Das wurde auch am Jahrestag am Ort des Geschehens wieder deutlich – in Reden, auf Plakaten und Transparenten. Flankiert beispielsweise von 65 Gedenkkreuzen entlang der Kreisstraße, die sonst in Möllenbeck (Mecklenburg-Strelitz) an den Brand und seine Folgen erinnern. Oder etwa von einer Schnur mit 56 kleinen Schweinchen, alle gehäkelt von Kathrin Weißbarth, jedes in Erinnerung an 1000 umgekommene Sauen und Ferkel. Musikalisch unterlegt vom mit Tonaufnahmen vom Brandtag gespickten „Schweine-Rap”.
„Alt Tellin hätte nie gebaut werden dürfen”, erklärte Bettina Baier als Vertreterin der wegen Krankheit verhinderten BUND-Landesgeschäftsführerin Corinna Cwielag. Alles sei noch schlimmer gekommen als vorhergesagt. Dabei ergab schon eine rechtliche Prüfung durch den Anwalt des Verbandes, dass in Alt Tellin Brandabschnitte genehmigt wurden, die 13-mal so groß wie zulässig waren. Von einigen fehlerhaften Annahmen für den Ernstfall ganz zu schweigen. Nicht umsonst hatte der BUND unter anderem mit Verweis auf den mangelhaften Brandschutz gegen die Erteilung der Betriebsgenehmigung Klage eingereicht. Und hält die nach wie vor aufrecht.

Warum das Feuer genau ausbrach, ist bis heute unklar. Nur ein technischer Defekt konnte mittlerweile ausgeschlossen werden. Die Ermittlungen sollen sich laut einem Sprecher der Staatsanwaltschaft Stralsund mindestens noch bis Mitte dieses Jahres hinziehen. Die Ferkelzuchtanlage wurde bis auf eine Biogasanlage vollständig zerstört. Der Gesamtschaden beträgt rund 40 Millionen Euro.

Quelle: Nordkurier