SpendenButton

Kreuze für tote Schweine

stoßen auf gemischtes Echo

SchweinefriedhofDutzende Kreuze stehen an der B198 bei Möllenbeck. Tierschützer wollen damit an den Brand der Schweinemastanlage in Alt Tellin erinnern. Nicht allen gefällt das.

Möllenbeck ·
Die meterhohen, bunten Kreuze für verbrannte Schweine der Mastanlage in Alt Tellin konnte am Wochenende wohl kaum ein Autofahrer auf der B198 nahe Möllenbeck übersehen. Viele bremsten ab, fuhren aufmerksam an der ungewöhnlichen Szenerie auf einer Weide des sogenannten Lebenshofs direkt am Straßenrand vorbei. Ein Fahrer hielt sogar an und sagte dem Protest gegen Massentierhaltung seine Unterstützung zu.

Doch die Tierschützer berichteten ebenso von Mittelfingern, die ihnen aus den Autofenstern entgegengestreckt wurden. Für die Organisatoren rund um Sarah Bohlander vom Verein Schweinehund aus Möllenbeck war das aber weder eine Überraschung noch ein Grenzübertritt. „Die Aktion ist ja auf Dialog ausgelegt”, sagte Bohlander bei der Eröffnung der Gedenkstätte am Samstag.
Trauern, weil es sonst keiner tut
Die Aktivisten würden zudem in engem Kontakt mit Bauern der Region stehen und hätten selbst aus den Reihen großer Züchter schon Zuspruch erfahren. „Wir sind nicht gegen Landwirtschaft. Es muss aber einen respektvollen Umgang mit den Tieren geben”, sagte Sarah Bohlander.
Nichtsdestotrotz gab es im Vorfeld durchaus Bedenken, wie auf die Aktion reagiert wird, räumte Bohlander ein. Aus Sicht ihrer Mitstreiterin Gabriele Nießing vom Verein Schweineleben soll das Unterfangen zwar provozieren – schließlich verbinde der Beobachter Kreuze zuerst mit menschlichen Schicksalen und nicht mit Schweinen. Allerdings hegen die
Tierschützer noch eine andere Absicht. „Es geht darum, zu trauern, weil es sonst keiner tut.” Wären statt Schweinen vergleichbar viele Hunde gestorben, hätte es aus Sicht von Nießing einen größeren Aufschrei gegeben. „Wir sind überzeugt, dass Schweine genauso Schmerz empfinden”, stimmte Sarah Bohlander zu.
72 Kreuze im Boden verankert
An Unterstützern fehlte es den Tierschützern keinesfalls. „Die Resonanz ist sehr groß”, sagte Sarah Bohlander. Rund 40 Vereine und Einzelpersonen hätten sich dem Unterfangen bislang angeschlossen, gespendet oder selbst Kreuze angefertigt. Am Eröffnungstag erzählte unter anderem Kerstin Lenz, MV-Landesvorsitzende des Deutschen Tierschutzbundes, von ihrem langen Kampf gegen die Schweinemastanlage in Alt Tellin und ihrem Besuch während des Brandes. Sie schilderte ein „Bild des Grauens”. Zahlreiche schwarz verkohlte Schweine seien vor ihren Augen verendet. „Es war nicht auszuhalten.”
Bereits am Sonnabend hatten die Aktivisten 72 Kreuze mit Bohrer und Vorschlaghammer im Boden versenkt. Sie wollten mindestens 57 Kreuze aufstellen, da bei dem Brand der Schweinemastanlage in Alt Tellin mit bisher ungeklärter Ursache schätzungsweise 57.000 Schweine starben.
Weitere Aktionen sind in Planung
Volkmar Wingrat ist sogar ganz aus Butjadingen an der niedersächsischen Nordseeküste angereist, um sich der Aktion anzuschließen. Er hat gemeinsam mit seiner Frau 13 Kreuze angefertigt – seine persönliche Glückszahl. Er hofft auf so viel Glück, dass vergleichbare Katastrophen nicht wieder geschehen.
Allerdings habe ein Vorfall im Landkreis Osnabück mit Hunderten toten Tieren vor wenigen Tagen seine Hoffnung getrübt. Die Gedenkstätte bei Möllenbeck soll nach aktuellem Ansinnen dauerhaft stehen bleiben und zum Nachdenken anregen. Weitere Aktionen auf der Weide sind in Planung.

Quelle: Nordkurier