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Das Elend mit

den verwilderten Katzen

VerwKatzenEgal welche Pflichten das Land den Kommunen auferlegt, Fundkatzen lassen sich in Vorpommern momentan nur schwer unterbringen. Die Vermehrung wilder Exemplare auszubremsen, ist weiterhin Ziel.

Tutow. Die einen Menschen berufen sich auf ihr großes Herz für Katzen und stellen ihnen im Freien etwas zum Fressen hin. Die anderen sehen sich mit den negativen Folgen dieser Liebe konfrontiert und müssen das daraus resultierende Elend in Grenzen halten: Das Problem mit der Fütterung von verwilderten Katzen stellt auch am mittleren Peenetal nach wie vor einen Teufelskreislauf dar.

Erhebliche Kosten
2021 dürfte dies erneut zum Einschreiten von Kommunen und Tierschützern zwingen. Verbunden mit erheblichen Kosten. So jedenfalls schätzt es Kerstin Lenz aus Randow ein, die Vorsitzende des Deutschen Tierschutzbundes für Mecklenburg-Vorpommern und seit Jahrzehnten in dieser Frage vor Ort aktiv. Sie und ihre Mitstreiter starten bereits im Januar wieder landesweit mit Kastrations-Aktionen.

Von der Idee, solche Futterstellen gänzlich zu verhindern, hat sich die Frau längst verabschiedet. „Es gibt einfach Menschen, bei denen kannst du das nicht unterbinden. Die sparen sich das vom Munde ab, kochen sogar extra für die Tiere“, weiß sie. Da würden langfristig weder Appelle noch Ordnungsmaßnahmen helfen, zumal die Betroffenen die negativen Folgen meist ausblendeten. Und letztlich seien ihr diese Zweibeiner hundertmal lieber als jene, die Stubentiger einfach in der Regentonne ersäufen, in Müllcontainern jämmerlich verrecken lassen oder als Objekt für Zielübungen missbrauchen.

„Solche Futterstellen sind auch nicht per se schlecht“, stellt die Landesvorsitzende klar. Um mit einem damit zusammenhängenden Vorurteil aufzuräumen: Selbst wenn die Samtpfoten sich erst mal sattfräßen, sorgten ihr Spiel- und Beutetrieb dafür, dass sie in der restlichen Zeit weiter auf Nahrungsjagd gingen. Sie würden also trotzdem jede Menge Nager fangen, leider auch ein paar Vögel. „Das eigentliche Problem sind die Zustände an den Fütterungsstellen und die unkontrollierte Vermehrung“, so Kerstin Lenz. 

Streuner meist krank und voller Parasiten
Viel zu oft müssten Tierschützer an Brennpunkte ausrücken, wo verletzte, von Parasiten befallene oder etwa an Krankheiten wie Katzenschnupfen leidende Vierbeiner umherstreunten oder besser gesagt vor sich hin vegetierten. Nicht selten verendeten die Tiere irgendwann qualvoll oder müssten durch einen Veterinär von ihren Leiden erlöst werden.

So etwas gelte es schon im Vorfeld zu verhindern, am besten mittels konsequenter Sterilisation und Einflussnahme vor Ort.

Als eines der jüngsten Beispiele in der Region führt die Randowerin den Tutower Pommernring ins Feld, wo ein Anwohner mitten in einem angrenzenden Gesträuch zwischen allerlei Unrat regelmäßig Futter verteilt. „Ich habe eben ein Herz für Tiere, andere haben das nicht“, begründete der Mann im Gespräch mit dem Nordkurier seine Fürsorge, redete von mindestens zehn Schützlingen. „Ich gebe denen Futter, damit die nicht verhungern.“ Herz und Verstand kämen hier leider nicht zusammen, kommentierte Kerstin Lenz mit Blick auf die teilweise kranken beziehungsweise verstümmelt erscheinenden Katzen.

Mehrmals Lebendfallen
Sie und ihre Helfer stellten im August/September mehrmals Lebendfallen in dem Gelände auf. Sie bekamen so jeweils fünf weibliche und männliche Exemplare zu fassen, die umgehend Tierarzt Olaf Hecht in Jarmen vorgestellt wurden. „Alle Tiere wurden kastriert, gegen Endo- und Ektoparasiten behandelt und wieder in die Freiheit entlassen“, schildert sie. Bis auf einen blinden Kater und eine kleine Katze mit einem gebrochenen Bein, die eingeschläfert wurden, weil sie nicht alleine hätten überleben können, sich wegen ihres wilden Aufwuchses aber an niemanden vermitteln ließen.

Ähnliche Sorgen macht den Tierschützern ein Herr aus Loitz, der nach wie vor in seinem Garten Samtpfoten füttert und sie sich unkontrolliert paaren lässt. Schon 2019 hätten sie dort eingegriffen, weil die Parzelle nahe der Kita stark verschmutzt und ein Seuchenherd gewesen sei, es kranke und tote Katzen gab, berichtet Kerstin Lenz. Am Ende seien acht Exemplare in die Fallen gegangen und behandelt worden. Leider hätten weder Ordnungs- noch Veterinäramt damals von sich aus geholfen. „Und das ist da jetzt schon wieder ein Problem.“

„Wir sind für jede Katze verantwortlich“
Gleiches befürchtet sie für die Zukunft wieder in Tutow, wo längst nicht alle Streuner dingfest gemacht werden konnten. Allerdings wisse sie da die örtliche Verwaltung hinter sich, lobte den seit Jahren bestehenden Schulterschluss. „Wir sind dem Amt in Jarmen sehr dankbar, das sie die Kastrationen finanzieren, denn nur so kann die Population der freilebenden Katzen begrenzt werden.“ Wobei die neue Verordnung des Landes die Kommunen nun ohnehin in Zugzwang bringe – sowohl für die Futterplätze als auch die Behandlung.

„Wir sind für jede Katze verantwortlich“, bestätigte Ordnungsamtsleiter Rainer Hardt in der jüngsten Sitzung des Amtsausschusses Jarmen-Tutow. Eine Unterbringung von solchen „Findelkindern“ stelle sich allerdings viel schwieriger als bei Hunden dar, wenn nicht gar als unmöglich. Denn so gut wie alle Katzen-Plätze in Tierheimen und -pensionen seien mittlerweile ausgelastet.

Katzenschwemme und Chip-Pflicht
„Wir werden eine Futterstelle vorhalten müssen“, machte er den Vertretern der Amtsgemeinden klar. Verbunden mit der Ankündigung, weiterhin die Sterilisierungsaktion zu unterstützen. „Ansonsten hätten wir eine Katzenschwemme.“

Die Kommunen sehen allerdings noch mehr Handlungsbedarf seitens des Landes außer der finanziellen Unterstützung für diese Kampagne. „Man brauchte eine Chip-Pflicht für Hunde und Katzen“, forderte etwa der Jarmener Bürgermeister und Verwaltungschef Arno Karp. In die gleiche Kerbe hieb Tierarzt Hecht, im Ehrenamt Dorfoberhaupt von Daberkow. Mit einer Markierung für die Tiere ließen sich die Probleme reduzieren, zumindest die Verantwortungsfrage leichter zuordnen, zeigten sich die Befürworter überzeugt.

Zu denen zählt auch Kerstin Lenz, die noch einmal an alle Katzenbesitzer appellierte, ihre „Freigänger“ unbedingt kastrieren zu lassen. „Denn jede wilde Katze stammte einmal von einer Hauskatze ab, wo verantwortungslose Katzenbesitzer sich nicht um ihren Nachwuchs gekümmert haben.“

Quelle Nordkurier