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Rügen: So funktioniert

die Rehkitz-Rettung aus der Luft

KitzrettungDie Jägerschaft der Inseln Rügen und Hiddensee arbeitet mit dem Drohnen-Piloten Sven Lamprecht zusammen, um gemeinsam Kitze vor den Mähdreschern zu retten.

Rügen.Kein schöner Anblick: Ein Rehkitz liegt im Gras, seine Läufe sind zerfetzt. Es war bei der Mahd in das Mähwerk geraten. Es sind Bilder, die in den vergangenen Jahren immer wieder auf den Feldern zu sehen waren. Laut Schätzungen der Deutschen Tierschutz-Stiftung fallen in Deutschland durch Mahd und Ernte mehr als 500 000 Wildtiere jährlich zum Opfer, darunter knapp 90 000 Rehkitze.
Die Jägerschaft der Insel Rügen und Hiddensee macht deshalb auf die verheerenden Wildtierverluste aufmerksam und ruft zur Spende auf. Mit dem Bergener Drohnen-Fachmann Sven Lamprecht arbeitet der hiesige Jagdverband im zweiten Jahr zusammen, um den im Mai und Juni gesetzten Reh-Nachwuchs zu retten.
„Die aktuelle Krise hat vieles verändert und beeinflusst unser Leben nachhaltig, demokratische und freiheitliche Grundrechte sind eingeschränkt, so auch ein aktives Verbandsleben. Mir und dem Vorstand des Jagdverbandes Rügen ist es jedoch gerade in dieser Zeit ein besonderes Anliegen, positiver in die Zukunft zu blicken, uns auf ein gemeinsames Jagen zu freuen und die Weidgerechtigkeit nicht zu verlieren“, sagt Thomas Nießen, Vorsitzender des Jagdverbandes Rügen.
Gefährliche Technik
In der aktuellen kontroversen Diskussion der Verordnung zu den Jagdzeiten oder etwa technischen Hilfsmitteln sollte deshalb nicht der Schutz der Jungtiere vergessen werden. Er macht demnach auf die diesjährige „Aktion gegen den Mähtod“ aufmerksam. Er spricht dabei die Charaktertierarten der Wiesen- und Feldflur an. Dazu gehören neben Rehkitzen auch
Rebhuhn, Fasan, Feldhase und -lerche, die vom Mähtod betroffen und ihr Vorkommen seltener geworden sind.
Die Landwirtschaft unterliegt einem weltweiten Wettbewerbsdruck. Dies habe dazu geführt, dass die für die Mahd eingesetzte Technik wirtschaftlich immer effizienter, die Mahdgeschwindigkeit und die Mähwerke immer breiter werden. Zum Teil fahren diese Maschinen mit einem Tempo von 15 Kilometern pro Stunde über die Felder.
Überlebensstrategien werden zum Verhängnis
Hinzu kommt, dass in den vergangenen Jahren die Termine für die Mahd vorverlegt wurden, um optimale Erträge und Qualitäten zu erreichen. „Dieser Zeitpunkt überschneidet sich mit den Brut- Setz- und Aufzuchtzeiten der meisten Wildtierarten, die die Wiesen als Brut-, Fortpflanzungs- und Nahrungshabitat nutzen“, so Thomas Nießen.
Genetisch bestimmte Überlebensstrategien wie das regungslose Verharren des Junghasens oder das Ausharren des Bodenbrüters auf dem Nest bei Gefahr werden den Wildtieren bei der Mahd zum Verhängnis. So ist es zu erklären, dass deutschlandweit Tiere im sechsstelligen Bereich zum Opfer fallen. Teilweise erfolgt vier bis sechs Wochen später die zweite Mahd, so dass mögliche Nachgelege und nachgeborene Junghasen wieder Gefahr laufen, dem Mähtod zu erliegen.
Kitzrettung 2Sieben Rehkitze gerettet
Hier kommt der Bergener Drohnen-Pilot Sven Lamprecht mit einer Spezialanfertigung ins Spiel. Seine Drohne ist mit einer Infrarotkamera ausgestattet. Damit kann er Tiere, auch wenn sie nur zehn Zentimeter groß und 1,5 Grad wärmer als ihre Umgebung sind, noch aus einer Höhe von 50 Metern aufspüren. Er verfügt über die erforderlichen Flugberechtigungen und organisiert die gesetzlich erforderlichen Fluggenehmigungen auch im Bereich von Schutzgebieten.
„Wenn ich die Drohne starte, kann ich die Wildtiere in Echtzeit erfassen, so dass Jäger die Plätzstellen der Rehkitze minutenschnell ausfindig machen können“, sagt er. Seit dem 19. Mai ist er schon unterwegs. Bisher spürte seine Drohne sieben Rehkitze auf.
Es gibt parallel aber auch andere Möglichkeiten, Wildtiere und Vögel aufzuspüren. Nach Gesprächen mit dem Optik-Unternehmen Zeiss kann der Jagdverband Rügen für die Wildtierrettung mehrere Wochen lang ein Gerät testen, das erst im Herbst auf den Markt kommen wird. „Dabei handelt es sich um eine handliche Wärmebildkamera, die nicht viel Platz wegnimmt und Plätzstellen und Gelege vom Boden aus erkennt. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse, die wir mit diesem Gerät erzielen werden“, so Thomas Nießen.
„Aktion gegen den Mähtod“
Durch Spenden der vergangenen Monate konnte der Jagdverband den Bergener Drohnen-Piloten erneut engagieren. Er konnte im vergangenen Jahr in einem Zeitraum von sechs Wochen von 38 Fluganfragen allerdings nur 24 realisieren. Deshalb soll das Geld der Spendenaktion „Aktion gegen den Mähtod“ auch dafür eingesetzt werden, das Personal zu stärken, um noch mehr Drohnenflüge durchzuführen.
Außerdem werde die Drohnentechnik verbessert, damit auch Vogelgelege von Wiesen- und Bodenbrütern aus der Luft aufgedeckt werden können.
Quelle: Nordkurier Von Mathias Otto