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Tierschützerin fordert

mehr Augenmaß bei Hunden

Rasseliste1Von Kai Horstmann

Es gibt Volksmeinungen, die sich wohl nicht so schnell ändern werden. Die Tierschutzvereinsvorsitzende Kerstin Lenz erfährt das fast täglich, wenn es um sogenannte Kampfhunde geht. Zugleich übt sie Kritik an der Landeshundeverordnung und fordert eine andere Sichtweise im Umgang mit Hunden.

RANDOW. Vor wenigen Tagen wurde bei Kerstin Lenz in Randow ein ganz besonderer Hund abgegeben. Der Name des Vierbeiners ist Rina, eine noch sehr junge Hündin im Alter von zehn Monaten. Die Vorsitzende des Tierschutzvereins Demmin, die auf ihrem Grundstück ein Tierheim errichtet hat, beschreibt sie so: Rina ist ein ausgesprochen guter Familienhund, ein wirklich kinderliebes Tier. Da sich ihre Artgenossen in den USA gegenüber Kindern sehr vorsichtig verhalten, werden sie dort auch Nanny-Dog, Kindermädchen- Hund, genannt. Er hat nämlich eine sehr hohe Reizschwelle und es muss laut Lenz schon Schwerwiegendes passieren, bevor dieser zubeißt.

Rasseliste2Das Besondere an dem Hund ist seine Rasse. Es handelt sich nicht um einen kuscheligen Bearded Collie oder einen beliebten Labrador, sondern um einen nach Meinung von Kerstin Lenz ebenso kuscheligen American Staffordshire Terrier, der auch als Pitbull bekannt ist. Diese Rasse steht in Mecklenburg- Vorpommern wie der Staffordshire Bullterrier und deren Artverwandte allerdings auf der Liste für sogenannte Kampfhunde. Und genau deshalb musste Rina ihre vertraute Umgebung verlassen, meint die Tierschützerin.

Ein 35-jähriger Vater von vier Kindern hat sie bei uns abgegeben, nachdem mehrere andere Tierheime die Aufnahme verweigert hatten. Er war scheinbar mit der Hündin und ihrem lebhaften Temperament überfordert und konnte zudem die Abgabegebühr nicht bezahlen. Aus Sorge, dass dieser liebe Vierbeiner womöglich eingeschläfert wird, habe ich Rina dann bei mir im Tierheim aufgenommen“, sagt Kerstin Lenz.

Wer einen Hund aus der Rasseliste halten möchte, hat es nicht ganz leicht. Zunächst muss er ein polizeiliches Führungszeugnis und einen Nachweis beim Ordnungsamt vorlegen, dass der Vermieter mit einem solchen Rassehund einverstanden ist. Dann erhält der Besitzer eine vorläufige Genehmigung zum Halten eines solchen Hundes. Weiter muss er einen Sachkundenachweis vorlegen, der aus einem theoretischen und einen praktischen Teil besteht. „Die wenigsten Ordnungsämter kontrollieren diese Vorschrift. Letzten Endes beachten die pflichtbewussten Bürger die Vorgaben, während diejenigen, die man mit dieser Vorschrift erreichen möchte, das überhaupt nicht interessiert“, kritisiert Kerstin Lenz.

Für die Tierschützerin gibt es keine Kampfhunderassen. Den schlechten Ruf hat der Stafford Terrier aus seiner Geschichte. So wurde diese Rasse im Ursprungsland England für Hundekämpfe gezüchtet, bis sie 1835 verboten worden sind. Damit war England Vorreiter vor allen anderen europäischen Staaten. Im Tierheim hat Lenz schon viele aggressive Hunde erlebt und zog daraus eine klare Erkenntnis: Es gibt in allen Rassen liebe und bissige Hunde. „Wenn ich es möchte, dann kann ich auch aus einem Labrador einen aggressiven Hund machen. Während der Stafford in der Beißstatistik so etwa auf dem zwanzigsten Platz liegt, führt der Schäferhund diese mit an. Auch ein Spitz schnappt wesentlich schneller zu als ein Stafford. Das Problem liegt am Ende der Leine, beim Hundehalter“, erklärt Kerstin Lenz. Die im Juni 2000 in Kraft getretene Rasseliste für MV hält Lenz für unsinnig und fordert deren Abschaffung. Das könnte bereits im nächsten Jahr erfolgen, denn diese Liste hat eine Gültigkeit von 20 Jahren. Daher fordert Lenz, einer Verlängerung nicht zuzustimmen. Stattdessen sollte jeder Halter einen Sachkundenachweis vorlegen müssen. Ein zukünftiger Hundebesitzer sollte sich mehr informieren, was sein Tier benötigt und wie man ihn richtig erzieht. Denn gerade Erziehungsfehler können sich negativ auswirken.

Rina zum Beispiel ist ein sehr agiler Hund, der einen festen Platz in der Familie braucht. In ihrer Erziehung ist es wichtig, dass man ihr beibringt, sich unterzuordnen. Das fängt damit an, wer als Erstes durch die Tür geht oder ins Auto einsteigt. „Doch gerade bei Hunden darf man nichts pauschalieren, weder eine Rasse noch die Hundeerziehung. Es gibt Hunde, die keinerlei Dominanzverlangen zeigen, da muss man auf solche Dinge nicht achten“, betont Kerstin Lenz und fügt hinzu: „Wir möchten Rina an eine Familie abgeben, wo sie nicht im Zwinger, sondern in der Wohnung gehalten wird.“

Quelle: Nordkurier Kontakt zum Autor Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!