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Fast 40 Katzen

gerettet

40KatzenAngelika Streubel und ihre Kollegen kümmern sich im Tierheim um Tiere von Animal Hoardern / Ihre Wohnungen in Reutershagen und Schmarl sind vor Kurzem geräumt worden

Von Manuela Wilk Reutershagen/Schlage. Behutsam öffnet Angelika Streubel die Tür zu einem Zimmer im Tierheim Rostock- Schlage. Darin leben derzeit sieben Katzen. Als sie ihr Futter bekommen, kommen drei von ihnen sofort angelaufen und beginnen zu fressen.

Das war nicht immer so. Die Tiere sind erst seit einigen Wochen in Schlage untergebracht – vorher „wohnten“ die Vierbeiner im Stadtteil Reutershagen. 21 Katzen hatte der Besitzer in seiner Wohnung gehortet. Er war nicht dazu in der Lage, sich um die Tiere zu kümmern. Nach Beschwerden, unter anderem von Nachbarn, schritt das Veterinäramt ein. Die Katzen landeten im Tierheim.

„Animal Hoarding ist eine Krankheit. Die Menschen haben das nicht unter Kontrolle und ihnen fehlt oft die Einsicht, dass sie an einer Krankheit leiden“, erklärt Angelika Streubel, Vorsitzende des Rostocker Tierschutzvereins. Die Menschen suchen Nähe, Trost und sozialen Kontakt bei Tieren – meist, weil sie nicht gut integriert sind, wenige oder keine Freunde haben. „Mir tun die Menschen leid, sie haben kein einfaches Leben – was aber diese Haltung der Tiere nicht rechtfertigt“, sagt sie.

Beim sogenannten Animal Hoarding wird gegen das Tierschutzgesetz verstoßen. Wird dies bei der Stadt oder dem zuständigen Veterinäramt angezeigt, greift das Amt ein, teilt die Hansestadt auf Anfrage Von Manuela Wilk mit. „In der Regel kommt es dann zu einer behördlichen Fortnahme und anderweitigen Unterbringung der Tiere“, erklärt Stadtsprecher Ulrich Kunze. So war es auch jetzt bei zwei Fällen in Rostock.

Als die Helfer, die Feuerwehr ist mit der entsprechenden Einheit vor Ort, damals in die erste Wohnung kamen, hatten sie Probleme, die Katzen überhaupt zu finden. Die Wohnung war voller Müll, überall lag der Kot der Tiere, es stank. „Die Katzen waren in einem sehr schlechten gesundheitlichen Zustand – unterernährt, verwurmt und von Flöhen befallen“, erinnert sich Angelika Streubel. Carlo beispielsweise kam mit nur 2,6 Kilogramm nach Schlage. „Normal wären für einen Kater seiner Größe um die sechs Kilogramm“ erklärt Streubel.

Mittlerweile wiegt er fünf Kilo. Einigen Tieren sind die Strapazen noch anzusehen. „Manche wollten gar nichts fressen“, berichtet die Vereinsvorsitzende. Zudem waren viele sehr scheu – sie kannten ja nur eine Bezugsperson. Außerdem hatte ein Virus die Samtpfoten befallen. Lange rangen Angelika Streubel und die Mitarbeiter des Tierheims um das Leben der Tiere. Keine leichte Aufgabe. Vier Wochen lang kümmerte sie sich um die Katzen, nach tierärztlicher Anweisung – neben ihrer Arbeit als Vereinsvorsitzende. Der normale Betrieb in Schlage muss schließlich auch aufrechterhalten werden. Zwei Stuben wurden für die Katzen leer geräumt. „Wir konnten ja nicht die Quarantäne belegen. Die Räume brauchen wir ja, wenn Fundtiere zu uns kommen“, erklärt Streubel. Den Katzen aus der ersten Wohnung geht es zwar besser, doch das Tierheim kommt nicht zur Ruhe: Vor zwei Wochen wurde eine zweite Wohnung im Stadtteil Schmarl geräumt. Wieder musste das Tierheim Katzen aufnehmen – 16 dieses Mal. Der Mann, es ist der Bruder des anderen Animal Hoarders, kümmerte sich etwas besser. „Er hat jedem Tier einen Namen gegeben, sich verabschiedet. Die Katzen waren auch gesundheitlich in einem besseren Zustand“, erklärt Streubel. Der Mann habe auch eingesehen, dass er Hilfe brauchte.

„Hinter dem tierischen Leid steckt auch oft menschliches Leiden“, weiß Streubel. Sie würde sich mehr Rücksicht wünschen. Dass man hinschaut, sich um Nachbarn kümmert und bei Problemen das Veterinäramt informiert. „Ich konnte in diesen Fällen hinter die Kulissen schauen. Das geht einem nah und es ist schwer, das nicht an sich heranzulassen“, sagt sie.

Für Aufklärung ist auch die Stadt. Denn das Veterinäramt könne nur eingreifen, wenn sich jemand an die Mitarbeiter wendet, da die Tiere ja im Privatbesitz sind. „Eine wirksame Prophylaxe zur sicheren Verhinderung von Animal-Hoarding-Fällen gibt es nicht“, heißt es aus dem Rathaus. Man sei darauf angewiesen, dass sich Verwandte oder Bekannte rechtzeitig an das Veterinäramt oder die Tierschutzvereine wenden. Auch eine Statistik gibt es nicht. In Rostock gab es in den letzten fünf Jahren etwa drei Fälle, die dem Veterinäramt bekannt geworden sind, teilt Ulrich Kunze mit. Doch die „Dunkelziffer“ und die Zahl der Grenzfälle seien vermutlich höher. Die neuen Bewohner des Tierheims leben noch in Quarantäne. Nach und nach sollen sie aufgepäppelt, kastriert, geimpft und möglichst vermittelt werden. Ein paar kommen noch dazu: Denn einige Tiere sind trächtig. Insgesamt würden die zwei Animal-Hoarding-Fälle Kosten von etwa 20 000 Euro verursachen, schätzt Streubel.

'Quelle: Ostseezeitung