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Die Tierflüsterin

Fotografin Annie Klähn

Tierfluesterinsetzt Hunde, Katzen und Pferde bildschön in Szene

Von Antje Bernstein | Reutershagen. Für den perfekten Schuss gibt Annie Klähn (24) alles. Sie wälzt sich am Boden, macht Faxen und Geräusche, die Außenstehende auf die Idee bringen könnten: Irgendetwas stimmt doch bei der nicht. Dabei will die Rostockerin nur ihre Models in Pose bringen. Annie Klähn ist Tierfotografin. Sie setzt Hund, Katz und Co. bildschön in Szene. „Manchmal muss ich mich beim Shooting ordentlich blamieren, aber das hört und sieht man auf den Fotos zum Glück nicht“, sagt sie und lacht.

Wer ihre Fotos sieht, könnte glatt glauben, dass Annie Klähn die Sprache der Tiere spricht. Aus einem Mohnfeld linst ein Dalmatiner verträumt ins Objektiv. Ein Wallach galoppiert durch aufschäumende Ostseewellen. Ein Kätzchen wirft wie selbstverständlich seine Pfoten in die Luft. Was auf den Bildern beinahe magisch anmutet, ist das Ergebnis von viel Geduld. Und weil Annie Klähn die Kunst des Abwartens beherrscht, wird sie belohnt: Ein paar der schönsten Motive glücken, weil sie den Tieren Freiraum gibt und im richtigen Augenblick den Auslöser drückt. Manchmal hilft die Fotografin nach – mit ungeahnten Folgen. Als Annie Klähn einen Welpen mit einem Spielzeug zum In-die-Linse- Schauen bewegen will, steht plötzlich ein fremder Hund vor ihrer Kamera. Der war mit seinem Herrchen in der Nähe spazieren, hat sich vom Quietschen anlocken lassen und sprang prompt mit ins Bild.

Annie Klähn liebt solche Zufälle. „In meinem Job wird es nie langweilig.“ Meist hat sie bei ihrer Arbeit viel zu lachen. Sie fängt aber auch Momente ein, die keinen Tierfreund kalt lassen können. Wie bei einem Auftrag, den die Rostockerin in Scharbeutz übernimmt. An der Lübecker Bucht lichtet Annie Klähn ein Pferd und dessen Besitzerin ab. Es ist ein Abschied, festgehalten in 150 Bildern. Es sollen die letzten sein, die Tier und Mensch in inniger Umarmung zeigen, eine Erinnerung, die den Tod überdauert. Denn das Pferd ist krank, wird wenige Tage später eingeschläfert. „Wir ha- ben geshootet bis zum Sonnenuntergang, und am Ende haben wir alle geheult“, erinnert sie sich.

Einfühlsam muss Annie Klähn bei vielen ihrer Auftraggeber vorgehen. Das waren bisher fast ausschließlich Frauen. „Oft sind sie viel aufgeregter als ihre Hunde.“ Vor allem, wenn Frauchen selbst mit aufs Foto soll. „Da werdentierfluesterin 2 viele hibbelig, und das überträgt sich auf das Tier.“ Um zwei- und vierbeinige Nervenbündel zu beruhigen, wendet der Profi einen Trick an: Zusammen spazieren Fotografin und Models zum Shootingort. Nach einer Viertelstunde an der frischen Luft ist die Aufregung verflogen. Vor der Kamera zeige sich dann, wie ähnlich sich die Charaktere seien, sagt sie. „Wenn der Hund ein Draufgänger ist, ist Frauchen meist auch einer. Ist Frauchen ein Mauerblümchen, hält sich auch der Hund zurück.“ Solche Feinheiten sollen sich in den Bildern widerspiegeln. Annie Klähn legt Wert auf Natürlichkeit und arbeitet daher lieber unter freiem Himmel als im Studio.

Ein Strand, ein Wald, die Heide – von Usedom bis nach Ostfriesland durchstreift Annie Klähn die Natur, immer auf der Suche nach bildschö- nen Kulissen für ihre Kunden. Bis vor zwei Jahren hätte sie denen hingegen vier Wände und ein Dach über dem Kopf vermittelt. Denn eigentlich ist Annie Klähn Immobilienkauffrau. Erfüllt habe sie der Beruf aber nie. Ihre Leidenschaft gilt den Tieren und der Fotografie. „Beides habe ich von klein auf geliebt.“ Doch genügt das, um damit den Lebensunterhalt zu verdienen? Annie Klähn zögert. Ein halbes Jahr habe sie überlegt, ob es funktionieren kann. 2017 entscheidet sie: es kann. Annie Klähn schmeißt ihren Job hin und macht sich selbstständig. Sie gründet „Anniemal Fotografie“ – ein Wortspiel aus ihrem Vornamen und dem englischen „animal“ (deutsch: Tier).

Zu verdanken hat sie das auch einer betagten Dame: Dank ihrer Else ist die Fotografin buchstäblich auf den Hund gekommen. Die mittlerweile 15 Jahre alte Hündin war Annie Klähns erstes Tier-Model. Danach hat sie die Hunde ihrer Freunde fotografiert. Mittlerweile wird sie von Kunden an der gesamten Nordund Ostseeküste gebucht. Annie Klähn hat eine Marktlücke entdeckt und zeitgleich ihren größten Traum verwirklicht. Einen Herzenswunsch hegt sie hingegen noch: „Einmal in Afrika Wildtiere fotografieren – das wär’s.“

Quelle: Ostseezeitung