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Verhungert und verfroren:

Drama um Hündinnen auf Bentziner Hof

Bentzin1Von Stefan Hoeft

Das Drama muss sich schon lange hingezogen haben, doch nun in der Vorweihnachtszeit kam es zur Eskalation: Bei der Kontrolle auf einem Hof in Bentzin entdeckte das Veterinäramt zwei völlig verwahrloste Hunde. Für einen kam jede Hilfe zu spät, er verhungerte offenbar, den anderen versucht der Tierschutzverein jetzt behutsam wieder aufzupäppeln.

BENTZIN/RANDOW. Die Landesvorsitzende des Deutschen Tierschutzbundes für Mecklenburg-Vorpommern, Kerstin Lenz aus Randow, hat in den Jahrzehnten ihres Engagements für die vierbeinigen Gefährten des Menschen schon einiges an Elend erleben müssen. Doch was ihr jetzt in Bentzin unter die Augen kam, dürfte mit zur schlimmsten Kategorie zählen, wenn man die gezielte Tötung von Tieren mal ausklammert. „Ich war fix und fertig.“ Denn auch dort begegnete ihr der Tod, verursacht anscheinend durch die völlige Gleichgültigkeit junger Hundehalter. Vorausgegangen war ein Hinweis von Nachbarn, in dessen Folge das Veterinäramt am Mittwoch vor einer Woche in dem Dorf bei Jarmen aufkreuzte.

Amtstierarzt Dr. Gunter Pannwitz vom Landkreis Vorpommern-Greifswald fand die unerhört klingenden Beobachtungen der Zeugen leider bestätigt: Er fand zwei vermutliche Labrador- Mischlingshündinnen in einem Zwinger vor,Bentzin2 von denen die ältere bereits verstorben und deren Tochter kurz davor war. Der Hauptgrund für diesen Zustand lag schnell auf der Hand, die Tiere waren allem Anschein nach dem Hungertod preisgegeben worden. „Da habe ich wohl ein bisschen zu wenig gefüttert“, schildert Kerstin Lenz die Antwort des Eigentümers auf die Frage, wie es so weit kommen konnte. „Der ganze Hof war eine Dreckecke“, beschreibt sie das Umfeld, in dem der Verhau für die Hunde stand. In Deutschland ist die Zwingerhaltung zwar erlaubt, doch als Zwinger will sie diese Behausung nicht bezeichnen, stattdessen als Gefängnis. Raus gelassen worden seien die Hündinnen jedenfalls wohl kaum noch bis gar nicht, wie der viele Kot um sie herum belegte. „Nicht einmal Stroh hatte der Eigentümer übrig, in dem sie sich hätten vergraben und etwas Wärme finden können.“ Und so setzte neben dem Futterentzug auch das Wetter dem Duo immer härter zu. Von allen Seiten pfiff der zu dieser Jahreszeit häufig eisige Winde schneidend über die ausgemergelten Körper. „So blieb ihnen nichts weiter übrig, als völlig abgemagert sich bibbernd aneinanderzulegen.“

Das ältere Tier starb jämmerlich. Wie lange dieses Martyrium andauerte, lässt sich schlecht belegen, doch die Expertin geht von mehreren Monaten aus. Sodass die Ältere aus dem nur noch vor sich hin vegetierenden Duo eines Tages vermutlich zu schwach gewesen sei, um aufzustehen. Und sie letztlich jämmerlich starb. Ein Schicksal, welches ihrer Tochter, die von den Tierschützern „Lana“ getauft und auf fünf bis sechs Jahre geschätzt wurde, wahrscheinlich bald ebenso gedroht hätte, wäre nicht endlich das Landratsamt eingeschritten.

„Zum Glück, leider nicht selbstverständlich, handelte das zuständige Veterinäramt sofort“, lobt Kerstin Lenz. Darin schließt sie ausdrücklich die folgende Entscheidung ein, die Hündin vor der Auffangstation des hier zuständigen Amtes Jarmen-Tutow in der benachbarten Peenestadt zu bewahren und stattdessen dem „Tierschutzverein Demmin & Umgebung“ zu übergeben, dessen Vorsitzende die Randowerin ist. Obwohl dessen Einzugsgebiet eigentlich jenseits der neuen Kreisgrenzen liegt. Doch bei Lana konnte die Frau gar nicht guten Gewissens ablehnen.

„In ihrem Zustand braucht sie sechs Mahlzeiten am Tag, wie sollte das in Jarmen gehen“, erklärte sie im Gespräch mit dem Nordkurier. „Man muss ja mit kleinen Portionen anfangen, um die erst mal wieder aufzupäppeln. Das wissen wir aus Erfahrungen. Sonst gibt das Magenblähungen und die Hündin liegt nach zwei Tagen tot im Zwinger.“ Momentan lebe Lana bei ihnen im Haus und erhole sich nicht nur langsam, sondern entwickle sich zu einem regelrechten Schatz, was Aufmerksamkeit, Gutmütigkeit und Zutraulichkeit angeht, freut sich ihre Pflegemutter. „Zu jedem und allen freundlich, sie bettelt förmlich nach Liebe!“ Lana könnte ein richtiger Familienhund werden Leider sei das Tier durch das stetige Eingepferchtsein noch gewohnt, seinen Kot dort abzusetzen, wo es schläft. Ansonsten eigentlich undenkbar für einen Hund, weiß die Vereinsvorsitzende. „Sie ist echt eine arme Socke. Aber ich glaube schon, dass wir sie stubenrein kriegen.“ Ohne das jedenfalls ständen die Vermittlungsaussichten für Lana wohl schlecht, obwohl sie nach Ansicht von Kerstin Lenz großes Zukunftspotenzial besitzt – wegen ihrer Größe unterhalb eines normalen Labradors und ihres Charakters. „Das soll so ein richtiger Familienhund werden, das Zeug hat sie.“

Bentzin3Wer also Interesse an einem Vierbeiner zeigt, der etwas Besseres braucht als sein bisheriges „Zuhause“, sollte schon mal ernsthaft über diese Kandidatin nachdenken und sich am besten demnächst in Randow melden. Bis Ende Januar brauche Lana ohnehin noch, um sich von ihrem Martyrium zu erholen, schätzt die Tierschützerin. Überdies gelte es behördliche Fragen in Zusammenhang mit der Inobhutname durch das Veterinäramt zu klären, auch das dürfte bis dahin erledigt sein. Dass die Hündin zurück auf den Bentziner Hof darf beziehungsweise muss, hält Kerstin Lenz für unvertretbar. Sie setzt vielmehr darauf, dass Landkreis und Staatsanwaltschaft in diesem Fall ein klares Exempel statuieren. „Ich hoffe, die bekommen ein Tierhaltungsverbot, das ist für mich das Mindeste.“ Noch besser wäre angesichts der Gleichgültigkeit der Besitzer gegenüber dem Schicksal ihrer vierbeinigen Schützlinge ein Gerichtsverfahren samt spürbarer Strafe, so ihre Auffassung.

Quelle: NordkurierKontakt zum Autor Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!